Anwaltsfehler in der Zwangsvollstreckung
Es ist toll, wenn der Anwalt mit seiner Klage vor Gericht gewinnt und der Gegner zur Zahlung an seinen Mandanten verurteilt wird.
Ein solches positive Urteil bedeutet leider aber noch lange nicht, dass der Gegner diese Summe auch wirklich bezahlt. Die große Freude des Mandanten über dieses Urteil kann sich ganz schnell in Frustration wandeln, nämlich dann, wenn der Gegner pleite ist und einen Insolvenzantrag stellt. Dann kann das Urteil schnell nicht mal mehr das Papier wert sein, auf welchem die Zahlung verfügt wurde.
Gerade dann, wenn eine Zahlungsunfähigkeit des Gegners droht oder zu befürchten ist, ist schnelles Handeln erforderlich.
Der Bundesgerichtshof hat sich unter anderen in einer Entscheidung aus 2019 (Urteil vom 19.09.2019, Az: IX ZR 22/17) mit der Anwaltshaftung bei der Zwangsvollstreckung auseinandergesetzt und geurteilt:
- Ein Rechtsanwalt, der mit der zwangsweisen Durchsetzung einer Forderung beauftragt worden ist und einen Titel (das ist die Bezeichnung für ein Urteil, aus dem vollstreckt werden kann) gegen einen Schuldner des Mandanten erwirkt hat, hat zügig die Zwangsvollstreckung zu betreiben, soweit pfändbares Vermögen bekannt ist oder ermittelt werden kann.
- Gibt es besondere Anzeichen für eine bevorstehende Pleite des Prozessgegners, so kann man auch bestimmte Dinge (z. B. Maschinen oder Autos) sicherstellen.
- • Bestehen Anhaltspunkte dafür, dass eine Verzögerung der Zwangsvollstreckung zum Ausfall des Mandanten führen würde, muss der beauftragte Rechtsanwalt die Zwangsvollstreckung mit besonderer Beschleunigung betreiben. Er muss dann unter den verfügbaren Vollstreckungsmöglichkeiten diejenige auswählen, die am schnellsten zu einem Ergebnis führt.
Auftrag des Anwaltes
Regelmäßig umfasst der Auftrag des Anwaltes nicht nur die gerichtliche Durchsetzung der Forderung des Mandanten, sondern auch deren zwangsweise Beitreibung im Rahmen der Zwangsvollstreckung.
Pflichten des Anwaltes
Ein Rechtsanwalt hat seinen Auftrag so zu erledigen, dass Nachteile für den Mandanten möglichst vermieden werden.
Ein Rechtsanwalt, der mit der zwangsweisen Durchsetzung einer Forderung beauftragt worden ist und einen Titel gegen einen Schuldner des Mandanten erwirkt hat, muss zügig die Zwangsvollstreckung betreiben, soweit pfändbares Vermögen bekannt ist oder ermittelt werden kann.
Gibt es Anhaltspunkte dafür, dass die Insolvenz des Schuldners bevorsteht, muss der Anwalt dem Mandanten auch deutlich sagen, dass die Zwangsvollstreckung mit weiteren Kosten verbunden ist. Er muss auch deutlich machen, dass der Mandant auf den Kosten sitzen bleibt, wenn der Schuldner pleite ist. Das Gericht, der Gerichtsvollzieher und auch der Anwalt müssen auch dann bezahlt werden, wenn kein Geld oder kein Sachvermögen mehr zu holen sind.
Ob das so ist, weiß man häufig erst, nachdem der Gerichtsvollzieher bei dem Schuldner war. Doch der Mandant muss vorher so umfassend informiert werden, dass er in Kenntnis der absehbaren Chancen und Risiken eine eigenverantwortliche Entscheidung über das weitere Vorgehen treffen kann.
Die gängigsten Mittel der Zwangsvollstreckung sind: Pfändung von Arbeitseinkommen, Pfändung von Konten, Pfändung von Gegenständen in der Wohnung, Abnahme der Eidesstattlichen Versicherung durch den Gerichtsvollzieher. Es liegt daher auch an dem Mandanten, Informationen zusammenzutragen, die bei der Zwangsvollstreckung helfen – Arbeitgeber, Kennzeichen und Marke/Typ des Autos, Bankverbindung, um nur einige zu nennen.
Droht dem Mandanten ein Rechtsverlust, hat der Anwalt diesem durch geeignete Maßnahmen entgegenzuwirken. Deshalb muss der Anwalt die Zwangsvollstreckung mit besonderer Beschleunigung betreiben, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass eine Verzögerung zum Ausfall des Mandanten führen würde.
Schaden des Mandanten
Durch die vom Anwalt begangenen Pflichtverletzung muss dem Mandanten ein Schaden entstanden sein.
Dies ist dann der Fall, wenn die Forderung im Wege der Zwangsvollstreckung bei zeitnahen Handeln des Anwaltes hätte beigetreiben werden können.
Dafür reicht eine deutlich überwiegende, auf gesicherter Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit, dass ein Schaden entstanden sei.
Ein Beispiel: Der Anwalt hat einen Hinweis auf ein Konto bekommen. Er wartet drei Monate, bis er einen Pfändungsantrag stellt. Inzwischen ist das Konto leer, bei schnellerem Handeln wäre noch etwas zu holen gewesen.
Fazit: Gegner zahlungsunfähig – und nun?
Gerade dann, wenn es Anzeichen gibt, dass Ihr Gegner zahlungsunfähig ist oder gar ein Insolvenzverfahren droht, ist ein schnelles Handeln erforderlich. Ihr Anwalt muss schnell geeignete Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einleiten, um Ihr Geld beizutreiben. Macht er dies nicht oder zu spät, kann es ein Fall der Anwaltshaftung sein.
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