Anwaltshaftung beim Unterhaltsvergleich
In letzter Zeit gehen bei uns häufig Anfragen aus dem familienrechtlichen Bereich ein. Meist geht es dabei um Unterhaltsansprüche (Trennungs- oder nachehelicher Unterhalt) und vergleichsweise Regelungen zwischen den Parteien. Regelmäßig werden derartige Gerichtsverfahren durch einen Vergleich beendet, wonach eine der Parteien für eine bestimmte Zeit einen bestimmten Betrag als Unterhalt zahlt. Derartige Vergleiche haben einen großen Vorteil: sie regeln meist zeitnah das Problem, beenden einen unter Umständen langwierigen Rechtstreit und haben den Charme einer Verständigung der Ehepartner.
Was aber, wenn eine der Parteien mit dieser Regelung im Nachhinein nicht – mehr – einverstanden ist und meint, benachteiligt zu sein? Nämlich dann, wenn sie meint, eigentlich viel mehr Unterhalt bekommen zu müssen, als im Vergleich geregelt wurde? Dann kommen wir ins Spiel, denn es besteht dann grundsätzlich der Verdacht einer Anwaltshaftung.
Pflichten des Anwaltes
Gerade im Zusammenhang mit einem Vergleich obliegen dem Anwalt gegenüber seinem Mandanten weitreichende Aufklärungs- und Hinweispflichten.
Selbstverständlich ist der Anwalt verpflichtet, den Mandanten in jeder Phase des Verfahrens umfassend zu beraten und aufzuklären. Bezogen auf eine vergleichsweise Regelung beinhaltet dies seine Pflicht, dem Mandanten die Vor- und Nachteile, sowie die weitreichenden Folgen eines Vergleiches umfassend zu erläutern. Nur so hat der Mandant die Möglichkeit, sich sachgerecht für oder gegen den Vergleich zu entscheiden. Lesen Sie dazu auch unseren Blogartikel Aufgezwungener Vergleich.
Zur Bewertung des Anwaltes gehört auch eine Einschätzung der Erfolgsaussichten der Durchsetzung bzw. Abwehr von Unterhaltsansprüchen. Er muss deshalb eine Prognose wagen, wie die Chancen des Mandanten sind: hat er einen Anspruch auf Unterhalt und wenn ja, in welcher Höhe und für welchen Zeitraum? Oder wie stehen die Aussichten des Mandanten, die Unterhaltsforderung der Gegenseite abzuwehren? Erst wenn er dies rechtlich einschätzt, kann er den Mandanten die Vorteile oder auch Nachteile des vorgeschlagenen Vergleiches darlegen und ihm eine sachgerechte Grundlage für eine Entscheidung für oder gegen den Vergleich geben.
Schaden des Mandanten
Um festzustellen, ob dem Mandanten durch ein pflichtwidriges Verhalten des Anwaltes ein Schaden entstanden ist, muss man 2 Vermögenslagen gegenüberstellen: zum einen die Lage nach dem Vergleich und zum anderen die Lage, die bei sachgerechter Entscheidung über einen Unterhaltsanspruch eingetreten wäre.
Es bedarf deshalb der Prüfung, zu welcher Entscheidung das Gericht aller Voraussicht nach gekommen wäre, wenn es den Vergleich nicht gegeben hätte.
Man muss deshalb das Verfahren simulieren – und anhand des wahrscheinlichen Ergebnisses den Mandanten beraten.
Wenn das Gericht dem Mandanten einen höheren Unterhaltsanspruch zuerkannt hätte, als er nach dem Vergleich monatlich erhält, hätte sich das Verhalten des Anwaltes nachteilig für den Mandanten ausgewirkt. Ihm ist dadurch Schaden entstanden.
Fazit:
Sie sehen, gerichtliche Vergleiche haben Vor- und Nachteile. Der Anwalt muss Ihnen die Grundlagen an die Hand geben, damit Sie sich richtig entscheiden können. Unterlässt er dies, verletzt er Pflichten. Entsteht Ihnen dadurch ein Schaden, dann haftet er dafür.
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