Forderung verjährt – und nun?
Vor ein paar Wochen kam ein Mandant zu uns. Er war völlig aufgelöst und berichtete uns, dass das Gericht seine Klage abgewiesen habe. Der Richter hatte seine Entscheidung damit begründet, dass der Anspruch des Mandanten verjährt sei. Dieser verstand die Welt nicht mehr und wollte von uns wissen, ob dies möglich sei. Und ja, dies ist möglich. Wenn die im gerichtlichen Verfahren verlangte Zahlung verjährt war und die Gegenseite dies eingewandt hat, konnte das Gericht gar nicht mehr anders entscheiden.
Doch was heißt Verjährung?
Verjährung bedeutet im Allgemeinen, dass man einen Anspruch nur innerhalb einer bestimmten Frist gerichtlich durchsetzen kann. Diese Frist beträgt für zivilrechtliche Ansprüche, also auch Schadensersatzansprüche, in der Regel 3 Jahre. Geregelt ist diese Frist in § 199 BGB. Dort heißt es:
„Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem
- der Anspruch entstanden ist und
- der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt.“
Für Sie als juristischen Laien ist dieser Gesetzestext sicher nur juristisches Kauderwelsch und, wenn überhaupt, nur schwer verständlich. Doch genau dafür haben Sie ja Ihren Anwalt. Für einen Juristen gehört die Verjährung zum täglichen Werkzeug und er sollte in der Lage sein, die Verjährung auch richtig zu berechnen.
Wichtig ist zu wissen, dass es auch noch andere, manchmal sehr kurze, Verjährungsfristen gibt. Dies ist zum Beispiel im Mietrecht oder im Arbeitsrecht der Fall.
Im vorliegenden Fall hatte der Rechtsanwalt bei Einreichung der Klage aber gar nicht an die Verjährung gedacht. Dies ist ohne Frage ein gravierender anwaltlicher Fehler. Es kommt aber auch häufig vor, dass der Rechtsanwalt die Verjährungsfrist fehlerhaft berechnet oder er von fehlerhaften Annahmen bei der Feststellung des Verjährungsbeginnes ausgeht.
All das könnte also wieder ein Fall der Anwaltshaftung sein.
Denn selbstverständlich muss der Anwalt stets eine mögliche Verjährung im Auge haben. Er muss vor Einreichung einer Klage deren Erfolgsaussichten prüfen. Hierzu gehört auch, ob der Anspruch überhaupt noch gerichtlich durchsetzbar ist. Dies ist er nur, wenn er noch nicht verjährt ist.
Maßgebliches Verjährungsende ist immer das Ende des Jahres, also der 31.12.. In schöner Regelmäßigkeit wenden sich Ratsuchende zum Ende des Jahres an einen Anwalt, weil sie wissen oder vermuten, dass die Verjährung ihres Anspruches zum Jahresende droht. Gerade dann muss der Anwalt die Verjährung genau prüfen und den Mandanten beraten, welche geeigneten Maßnahmen ergriffen werden können, um die Verjährung zu verhindern.
Unserem Mandanten half dies nicht mehr. Sein ehemaliger Anwalt hatte einen folgenschweren Fehler begangen. Wir vertreten ihn nun im Verfahren gegen seinen Anwalt. Ihm ist nämlich durch das fehlerhafte Agieren seines Anwaltes ein Schaden erstanden. Dieser besteht in erster Linie in den Kosten des Rechtsstreits, die der Mandant zahlen muss, da er ja das Verfahren verloren hat. Der Schaden könnte aber noch größer sein. Dies wäre dann der Fall, wenn der Anwalt noch vor der Verjährung der Forderung beauftragt worden war, er den Eintritt der Verjährung hätte verhindern und die Forderung erfolgreich hätte durchsetzen können.
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