Mandatsniederlegung erst nach Androhung
Mandatsniederlegung durch Anwalt? Wenn sich der Mandant vertragswidrig verhält.
Immer wieder hören wir, dass der Mandant mit der Arbeitsweise seines Anwaltes unzufrieden ist, weil dieser beispielsweise nicht all das an das Gericht schreibt, was der Mandant erwartet. Manchmal führt dies dazu, dass der Mandant dann selbst die Initiative ergreift und sich an das Gericht wendet. (lesen Sie dazu unseren Blogbeitrag Mein Anwalt tut nichts.)
Dass dieses Verhalten zu Problemen im Verhältnis Mandant – Anwalt führen kann, liegt auf der Hand. Doch was muss ein Anwalt hinnehmen – wann kann er ein solches Mandat beenden?
Das Landgericht Bremen hat sich im Urteil vom 29.05.2020 (Az: 4 S 102/19) mit einem Fall der Kündigung des Mandatsverhältnisses durch den Anwalt in der Berufungsinstanz auseinandergesetzt:
In diesem Fall hatte der Anwalt auftragsgemäß Klage beim Amtsgericht eingereicht. Im Laufe des Verfahrens meinte der Mandant aber, dass sein Anwalt den Sachverhalt nicht ausreichend vorgetragen habe. Er fertigte deshalb selbst mehrfach Schreiben an das Gericht, in denen er seine Ansichten ausführlich darstellte. Davon unterrichte er weder vorab seinen Anwalt, noch sprach er dieses Vorgehen mit ihm ab.
Der Anwalt hatte daraufhin genug von diesem eigenmächtigen Verhalten seines Mandanten. Er kündigte das Mandat.
Es kam, wie es kommen musste: Anwalt und Mandant stritten darum, ob der Anwalt Gebühren für seine Arbeit verlangen könne.
Mandatsniederlegung möglich?
Zunächst ist wichtig zu wissen, dass der Anwaltsvertrag von jedem Vertragspartner ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist und ohne wichtigen Grund gekündigt werden kann.
Fraglich ist dann allerdings, ob der Anwalt für seine bisherige Tätigkeit Gebühren verlangen kann.
Anwaltsgebühren trotz Mandatsniederlegung?
Maßgeblich hierfür ist, ob die Kündigung wegen des vertragswidrigen Verhaltens des Mandanten erfolgt. War dies der Grund für die Kündigung, erhält der Anwalt seine Gebühren. Gab es keinen solchen Grund, bekommt er keine Gebühren, wenn der Mandant an der bisherigen Leistung des Anwaltes infolge der Kündigung kein Interesse hat.
Das Gericht hatte deshalb zu entscheiden, ob das Verhalten des Mandanten, nämlich die Sendung eigenmächtiger Schreiben an das Gericht ohne Kenntnis des Anwaltes, einen solchen wichtigen Grund für die Kündigung des Anwaltsvertrages darstellt, sich der Mandant also selbst vertragswidrig verhalten hat.
Das Landgericht Bremen verneint dies. Es sieht darin kein vertragswidriges Verhalten des Mandanten, welches den Anwalt zur Kündigung berechtigt bzw. den Verlust des Vergütungsanspruchs verhindert hätte. Es meint, dass der Anwalt sachliche, auch unberechtigte Kritik hinnehmen muss, auch wenn der Mandant seine Interessen mit Nachdruck oder Emotionen verfolge. Es verlangt vom Anwalt, dass er dem Mandanten zunächst die Mandatsniederlegung androhen müsse. Dazu bedürfe es, dass der Anwalt dem Mandanten dessen Pflichten verdeutlicht und die Konsequenzen vertragswidrigen Verhaltens aufzeigt.
Fazit: Mandatsniederlegung erst nach Androhung!
Zusammenfassend ist festzustellen, dass eine Mandatsniederlegung zwar grundsätzlich immer möglich ist; der Vergütungsanspruch des Anwaltes bleibt aber nur bei vertragswidrigem Verhalten des Mandanten bestehen.
Ob ein Verhalten des Mandanten vertragswidrig ist und welches Verhalten dem Anwalt zuzumuten ist, muss in jedem Einzelfall gesondert beurteilt werden. Der Mandant ist aber vorher auf die Konsequenzen hinzuweisen und die Mandatsniederlegung anzudrohen.
Das Landgericht Bremen hat die Revision zugelassen. Als bleibt also abzuwarten, wie sich der Bundesgerichtshof hierzu positionieren wird.
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