Anwaltshaftung – Was bedeutet das?
Wir erleben in unserem beruflichen Alltag immer wieder, dass die Menschen mit dem Begriff „Anwaltshaftung“ nichts anfangen können. Deshalb wollen wir kurz darstellen, was Anwaltshaftung bedeutet.
Anwaltshaftung – was bedeutet das?
Egal wen man fragt – dass Ärzte haften, wenn sie einen Patienten falsch behandeln – ist heute allgemein bekannt. Auch das war nicht immer so. Früher waren die Götter in Weiß unangreifbar. Man dachte, eine Krähe hacke der anderen kein Auge aus. Es hat lange gedauert, bis sich die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass auch Ärzte für ihre Fehler einstehen müssen.
Gleiches gilt für Anwälte. Die überwiegende Anzahl der Anwälte leistet hervorragende Arbeit. Aber auch Anwälte verletzen manchmal ihnen obliegende Pflichten oder machen Fehler. Das ist nicht gut, aber menschlich und passiert deshalb mitunter. Ärgerlich wird es dann, wenn dadurch dem Mandanten Nachteile entstehen.
Die Anwaltshaftung basiert auf 2 Säulen:
- der Pflichtverletzung des Anwalts und
- dem kausal dadurch entstandenen Schaden
Pflichtverletzung des Anwalts
Die erste Säule der Anwaltshaftung ist die Pflichtverletzung des Anwalts. Die anwaltliche Tätigkeit ist von zahlreichen Pflichten geprägt. Klassische Pflichtverletzung eines Anwalts sind:
- unzureichende Beratung des Mandanten
- unterlassene Aufklärung über die Risiken (siehe auch unseren Artikel Aufgezwungener Vergleich)
- versäumte Fristen
- verpasste Termine
- falsche Versprechungen (lesen Sie dazu unseren Blog Falsche Versprechungen)
Häufig liegt die Pflichtverletzung des Anwalts klar auf der Hand. Hat er beispielsweise die Berufung nicht innerhalb der gesetzlichen Frist bei Gericht eingereicht, muss man über einen Anwaltsfehler nicht mehr diskutieren.
Manchmal ist es schwieriger, den Anwaltsfehler zu erkennen. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn sich der Mandant nicht ausreichend beraten fühlt. Hier ist dann zu ermitteln, wie hat der Anwalt beraten, was er hat dem Mandanten gesagt und was hätte ein ordnungsgemäß arbeitender Anwalt aufklären müssen.
Der Schaden des Mandanten
Die zweite Säule der Anwaltshaftung ist der Schaden für den Mandanten. Dieser muss kausal, das heißt gerade durch den Fehler des Anwalts bzw. durch dessen Pflichtverletzung eingetreten sein.
Erfahrungsgemäß ist dies der schwierigere Teil. Hier sind 2 Vermögenslagen des Mandanten gegenüber zustellen: einmal die tatsächliche Situation des Mandanten und zum anderen die mutmaßliche Lage, wenn der Fehler nicht begangen worden wäre. Dies ist im Einzelfall problematisch.
Ein Beispiel:
Der Mandant klagt auf Zahlung von € 20.000,00. Er bemängelt, dass ihn der Anwalt in einem gerichtlichen Verfahren zu einem Vergleich gedrängt hat. Ohne den Mandanten aufzuklären hat er für diesen in der mündlichen Verhandlung einen unwiderruflichen Vergleich geschlossen. Danach soll der Mandat € 10.000,00 bekommen. Der in der Verhandlung anwesende Mandant hat dem Vergleich zugestimmt. Jetzt meint er, dass der Vergleich für ihn schlecht sei und er ihn gar nicht gewollt habe.
Die anwaltliche Pflichtverletzung liegt hier klar vor: der Anwalt muss den Mandanten zu den Vor- und Nachteilen des Vergleiches und auch hinsichtlich des mutmaßlichen Ausgang des Verfahrens sowie zu den Risiken bei der Fortsetzung dieses aufklären (verfolgen Sie dazu unseren Blogartikel: Aufgezwungener Vergleich). Dies hat der Anwalt hier nicht getan.
Fraglich ist indes, ob dem Mandanten durch das Verhalten des Anwalts ein Schaden entstanden ist. Hier muss man das korrekte Handeln eines ordnungsgemäß arbeitenden Anwaltes gegenüberstellen. Dessen Pflicht war es, den Mandanten gerade über diese Vor- und Nachteile des Vergleiches detailliert aufzuklären und zu beraten. Er musste einschätzen, wie gut die Aussichten sind, dass der Mandant das Verfahren gewinnt. Er hätte ihm erklären müssen, dass mit der Fortsetzung des Verfahrens ein hohes Risiko verbunden ist, da man den Anspruch womöglich nicht beweisen kann. Eventuell können sich Zeugen nach so langer Zeit nicht mehr im Detail erinnern. Es wäre deshalb denkbar, dass das Verfahren verloren wird. Bei einer solchen Aufklärung war es nachvollziehbar, dass der Mandant dem Vergleich zugestimmt hätte. Besser das Geld aus dem Vergleich, als am Ende gar nichts bekommen. In dem Fall wäre dem Mandanten aber durch das Fehlverhalten seines Anwaltes kein Schaden entstanden. Trotz Pflichtverletzung des Anwaltes bekommt er € 10.000,00. Bei sachgerechter Beratung des Anwaltes hätte er auch € 10.000,00 erhalten. Beide Vermögenslagen sind identisch.
Anders ist die Lage, wenn der Anwalt die Erfolgsaussichten des Verfahrens so positiv eingeschätzt hat, dass man mit einer antragsgemäßen Verurteilung des Gegners rechnen konnte. In dem Fall gab es für den Mandanten im Regelfall keine Notwendigkeit, auf einen Teil seiner Forderung zu verzichten. Er hätte sich bei sachgerechter Beratung durch einen korrekt arbeitenden Anwalt vermutlich gegen
den Vergleich entschieden. Kommt es dann wie erwartet und der Mandant siegt im Verfahren, erhält er € 20.000,00. Er hat damit mehr, als durch den Vergleich. Durch das fehlerhafte Handeln seines Anwalts ist ihm ein Schaden entstanden.
Fazit: Anwaltshaftung – was bedeutet das?
Häufig ist die Vermutung des Mandanten berechtigt: der Anwalt hat nicht korrekt gearbeitet. Dies sagt aber noch nichts darüber aus, ob dieses Handeln für den Mandanten nachteilig war.
Ob ihm dadurch ein Schaden entstanden ist, bedarf der detaillierten Prüfung. Nur wenn dies der Fall ist, kann eine Anwaltshaftung erfolgreich durchgesetzt werden.
Wir prüfen dies gern für Sie. Dann haben Sie Gewissheit.